9.5.2021
Gesellschaft

George Orwell: 1984

Wie ist es, in George Orwells Welt aus "1984" zu leben?
David Werner
Inhaltsverzeichnis

Stellt euch vor ihr werdet beobachtet. Und das die ganze Zeit. Auch jetzt wenn ihr gerade diesen Blogeintrag lest – und da ist es ganz egal, ob ihr das auf der Couch oder auf dem Klo macht. Und sobald ihr etwas systemkritisches macht, werdet ihr verhaftet. Entweder ihr kommt ins Gefängnis, werdet gefoltert oder direkt vaporisiert – also getötet. Im Endeffekt habt ihr nie existiert.

In George Orwells Buch „1984*“ ist das knallharte Realität.

„Big Brother is watching you.“

Also: "Der Große Bruder beobachtet dich". Dieser Slogan ist Programm und er ist mittlerweile ja schon zum Synonym für die totale staatliche Überwachung geworden.

Als George Orwell sein Roman 1948 fertigstellte, begrüßten immer mehr englische Intellektuelle den sowjetischen Sozialismus unter Stalin. George Orwells Buch 1984 ist eine Antwort darauf und zeigt, was die Folgen eines totalitären Überwachungsstaates sein könnten. Wie diese Welt genau aussieht, schauen wir uns jetzt an.

Totalitärer Überwachungsstaat

In dem Buch begleiten wir den 39-jährigen Winston Smith, der in Ozeanien (konkret in London) lebt. Seitdem dort der Englische Sozialismus (kurz: Engsoz) herrscht, hat Winston Smith kein wirkliches Zeitgefühl mehr – vermutlich ist aber gerade der 4. April 1984.

Er lebt in einer Welt der totalitären Überwachung, in der der Partei nichts entgeht. Denn selbst in den eigenen vier Wänden wird man mithilfe des sog. „Teleschirms“ überwacht. Das ist eine Art Fernseher, der nicht abgeschaltet werden kann und auf dem Propaganda läuft. Omnipräsent ist beispielsweise die Parteiparole:

„Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke.“ (S.10)

Der Teleschirm kann aber nicht nur senden, sondern dient auch dazu, die Bewohner Ozeaniens jederzeit zu überwachen. Der Große Bruder (engl. „Big Brother“, also der Parteiführer) sieht alles. Das Motto ist wie bereits gesagt: "Big Brother is watching you".

Ob der Große Bruder aber tatsächlich existiert oder nur eine Personifizierung der Kollektivherrschaft ist, wird nicht ganz geklärt.

Was auch keiner weiß, ist ob Ozeanien nicht selbst ständig Bomben auf das eigene Gebiet abwirft. Denn eigentlich befindet sich Ozeanien dauerhaft mit einem der beiden weiteren Machtblöcke Eurasien oder Ostasien im Krieg. Allerdings gibt es auch einige Hinweise darauf, dass der Kriegszustand nur künstlich aufrecht erhalten wird.

Lüge oder Wahrheit?

Winston Smith gehört zur Äußeren Partei und arbeitet im Ministerium der Wahrheit. Dort ist es seine Aufgabe, die Vergangenheit im Sinne der Parteilinie umzuschreiben. Menschen, die vaporisiert wurden, müssen beispielsweise aus Zeitungsartikeln gelöscht werden. Sie haben also offiziell nie existiert – sie werden zur Unperson. Auch müssen alte Voraussagen angepasst werden, wenn diese nicht mit den aktuellen Gegebenheiten zusammenpassen.

Die Geschichte wird also immer wieder neu erfunden und der Gegenwart angepasst. Jegliche Beweise werden vernichtet. Zumindest im Normalfall – denn eines Tages findet Winston zufällig ein Foto von drei Revolutionsführern, die bei einer Säuberungsaktion der Partei hingerichtet wurden. Das Foto beweist aber die Unschuld der angeblichen Verräter – ein Hinweis, dass ihre Geständnisse wahrscheinlich unter Folter erzwungen wurden und eigentlich Lügen waren. Obwohl Winston dieses brisante Beweisstück vernichtet, existiert es in seiner Erinnerung weiter.

Neusprech

Auf der Arbeit hat Winston auch immer mehr mit der neuen Sprache „Neusprech“ zu tun. Das Ziel dieser Sprache ist es, die Wörter auf das Wesentliche zu reduzieren, um Gedankenverbrechen erst gar nicht möglich zu machen, weil es keine Worte gibt, um sie zu beschreiben. So wird das Wort „Freiheit“ zum Beispiel komplett gestrichen und Wörter wie „schlecht“ werden durch „ungut“ ersetzt.

Der Alltag in Ozeanien

Winstons Alltag ist dabei streng geregelt. Neben verpflichtendem Morgensport und Gemeinschaftsaktivitäten, gibt es jeden Tag den sog. Zwei-Minuten-Hass, in dem der Hass auf politische und militärische Gegner gerichtet ist. Gerade gegen Emmanuel Goldstein, dem angeblichen Führer der Untergrundorganisation „Die Bruderschaft“, schürt das Staatsfernsehen Hass.

Er ist ehemaliges Parteimitglied und soll die Seiten gewechselt haben. In seinem Buch „Die Theorie und Praxis des oligarchischen Kollektivismus“, das oft aber auch einfach nur „Das Buch“ genannt wird, soll er seine Thesen niedergeschrieben haben. Ob Goldstein und die „Die Bruderschaft“ tatsächlich existieren oder nur von der Partei als Feindbild erschaffen wurden, bleibt offen.

Wie austauschbar der Hass ist, zeigt sich während der sog. Hasswoche, in der der Redner plötzlich den Gegner austauscht. Statt wie bisher gegen Eurasien führt Ozeanien jetzt Krieg gegen Ostasien. Nicht mehr Ostasien, sondern Eurasien ist der neue Verbündete. Das macht der Masse aber nichts – für sie war Ozeanien schon immer im Krieg gegen Ostasien. Jegliche Beweise werden im Wahrheitsministerium kurzerhand umgeschrieben bzw. vernichtet.

Zum Alltag von Winston gehört auch, dass fast alles – außer Gin – Mangelware ist. So rationiert das Ministerium für Überfülle beispielsweise wie viel Schokolade jeder pro Woche bekommt. Auch Alltagsgegenstände wie Rasierklingen lassen sich kaum auftreiben. Die Menschen ernähren sich von Eintöpfen und Kunstfleisch und leben in zerfallenen Häusern. Ab einer bestimmten Uhrzeit wird zudem der Strom abgestellt.

Sex dient nur der reinen Fortpflanzung, um die Pflicht gegenüber der Partei zu erfüllen. Öffentliche Hinrichtungen bilden für die Parteimitglieder eine der wenigen Vergnügungen.

Winstons Widerstand

Immer wieder verschwinden Menschen in Winstons näherem Umfeld, weil sie beispielsweise von der Gedankenpolizei erwischt wurden. Auch Winston trägt ein Geheimnis mit sich herum: Denn insgeheim hasst er den Großen Bruder.

Er fängt an Tagebuch zu schreiben – in dem Wissen, dass nur der Besitz des Tagebuchs ihn das Leben kosten könnte. Aber er möchte der Nachwelt etwas hinterlassen – einen unverfälschten Blick auf die Vergangenheit. Wie ihr euch denken könnt, bleibt es aber nicht beim Tagebuch. Zusammen mit seiner heimlichen Liebe Julia mietet er ein Zimmer über dem Antiquitätenladen von Mr. Charrington. Mit Julia zu schlafen sieht Winston übrigens als Akt des politischen Widerstands.

Zusammen mit Julia beschließt Winston der Bruderschaft beizutreten. O’Brien, ein Mitglied der Inneren Partei, kann ihnen scheinbar bei dieser Aufgabe helfen und lässt ihnen ein Buch zukommen, das von Emmanuel Goldstein geschrieben worden sein soll. Nach seinen Theorien gibt es schon seit Beginn der Menschheit eine Ober-, Mittel- und Unterschicht. In Ozeanien wäre das übrigens die Innere Partei, die Äußere Partei und die Proles (Proletariat; Arbeiterklasse). Und die Geschichte sei ein Kreislauf aus Revolutionen. Sobald eine Schicht an der Spitze steht, wird sie von der anderen gewaltsam verdrängt. So gab es unter dem Vorwand der Gleichheit und Freiheit immer wieder neue Kriege. Erst der Sozialismus hat sich Unfreiheit und Ungleichheit bewusst zur Aufgabe gemacht. Mithilfe von Gehirnwäsche und Terror schafft es die Partei so, an der Macht zu bleiben.

Winstons einzige Hoffnung sind die Proles – immerhin 85 % der Bevölkerung Ozeaniens. Sie seinen die einzigen, die die Partei stürzen könnten – denn sie sind als einzige menschlich geblieben.

Gerade in diesem Moment (Achtung Spoileralarm!) – werden Winston und Julia verhaftet, weil sie von ihrem Vermieter Mr. Cherrington – verraten wurden. In Wirklichkeit ist der nämlich ein Spitzel der Gedankenpolizei.

Folter & Doppeldenk

Winston kommt in Gefängnis, wird gefoltert und einer Gehirnwäsche unterzogen. Das Ziel: Ihn zu einem guten Parteimitglied machen und seine schlechten Gedanken auslöschen. Seine Behandlung – wenn man das so nennen kann – wird von O’Brien durchgeführt, bei dem Winston und Julia ja eigentlich gedacht haben, dass er zur Widerstandsbewegung gehört.

Mit Elektroschocks kann O’Brien Winston von Doppeldenk überzeugen. Von einem linientreuen Parteimitglied wird nämlich erwartet, unbewusst zwischen zwei Wahrheiten hin- und her zuschalten zu können. Wenn die Partei sagt 2 + 2 = 5, dann ist das so. Man muss es aber auch wirklich glauben. Es einfach nur zu sagen und dabei zu lügen, bringt nichts. Es gibt aber auch Fälle, in denen 2 + 2 = 4 sein kann. Die Kunst ist also, in einem Moment zu glauben 2 + 2 = 5, und im anderen zu glauben es ist 4, je nachdem was die Partei sagt. Die Partei bestimmt also über die Wahrheit und über Naturgesetze wie die Schwerkraft.

Zum Schluss wird Winston seiner schlimmsten Angst ausgesetzt: Ratten. Das bricht ihn komplett. Er verrät Julia und übrig bleibt nur eins: Die Liebe zum Großen Bruder.

Fazit

Meiner Meinung nach ist 1984 ein Buch, das jeder mal gelesen haben sollte. Nicht nur weil es sehr häufig zitiert wird, sondern auch weil man aus der überraschend viele Parallelen zur heutigen Zeit erkennen kann. Wie sehr unsere Welt heute dem Buch ähnelt, ist hier im Blogeintrag beschrieben.

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