14.3.2021
Gesellschaft

Covid-19: Der große Umbruch (The Great Reset) von Klaus Schwab

Ein Buch, das mehr Sprengkraft haben soll als „Das Kapital“ von Karl Marx und „Mein Kampf“ von Adolf Hitler zusammen. So zumindest wird das Buch „Covid-19: Der große Umbruch“ (engl. „The Great Reset“) von einem User auf amazon bewertet. Aber ist das tatsächlich so?
David Werner
Inhaltsverzeichnis

In "Covid-19: Der große Umbruch*" (eng. "The Great Reset") zeigen der Gründer des Weltwirtschaftsforums Prof. Klaus Schwab und der Wirtschaftswissenschaftler Thierry Malleret., wie eine Welt nach der Pandemie aussehen könnte und ihrer Meinung nach auch aussehen sollte. Wagen wir also mal einen Blick in ein Buch, das immer wieder an der Spitze verschiedener Bestseller-Listen steht.

Am Anfang noch ein kleiner Hinweis, damit es zu keiner Verwirrung kommt: Das Buch wurde bereits Mitte 2020 geschrieben und ist im September letzten Jahres erschienen - was für Pandemieverhältnisse schon ein bisschen her ist. Aber gerade deshalb ist es auch mal interessant zu sehen, ob sich bestimmte Vorhersagen bereits bewahrheitet haben.

"Neue Normalität"

Für Schwab und Malleret stehen wir an einem Scheideweg: Entweder in eine bessere oder schlechtere Zukunft.

Denn die Corona-Pandemie hat solch gravierende Auswirkungen auf unser Leben, dass wir uns davon verabschieden können, jemals zum „Business as usual“ zurückzukehren – so die Autoren. Stattdessen wird eine „neue Normalität“ entstehen, sodass man in eine Zeit „vor Corona“ und „nach Corona“ einteilen kann.

Kräfte, die auf unsere Welt einwirken

Unsere heutige Welt wird laut Klaus Schwab und Thierry Malleret von drei wesentlichen Kräften geprägt:

  1. Interdependenz: Das ist einfach die gegenseitige Abhängigkeit. Ausgelöst vor allem durch die Globalisierung und die zunehmende Bedeutung von Technologien. Dadurch sind wir aber anfälliger für Wechselwirkungen, sodass wir die Pandemie global bekämpfen müssen.
  2. Geschwindigkeit
  3. Komplexität

Viele Veränderungen, die bereits vor der Pandemie begonnen haben, werden beschleunigt und verstärkt werden – so Schwab und Malleret. Fangen wir mit dem ersten Punkt an: der Wirtschaft.

1. Wirtschaft

Laut Schwab und Malleret befinden wir uns in der größten Wirtschaftskatastrophe seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

Vergangene Pandemien haben gezeigt, dass die Nachwirkungen noch bis zu 40 Jahre später andauern können und sich eher negativ auf die Renditen auswirken.

Durch die Unsicherheit in der Bevölkerung steigt bei vielen im Normalfall auch die Sparrate und oft kommt es nach einer Pandemie zum Anstieg der Reallöhne.

In vergangenen Pandemien gab es außerdem einen „Machtgewinn der Arbeitskraft zu Lasten des Kapitals“ (Schwab & Malleret, 2020, S. 43). Allerdings könnten dieses Mal Technologien die Kräfteverhältnisse ändern.

Die Pandemie und der immer größer werdende Einfluss von Automatisierungen (bspw. durch Roboter) wird zu einer steigenden Arbeitslosigkeit führen – prognostizieren die Autoren.

Auf der anderen Seite steigt auch die Angst vor Massenpleiten, beispielsweise in der Freizeit-Industrie. Während viele Branchen momentan am Straucheln sind, werde es auch drei große Gewinner geben: BigTech, Gesundheit und Wellness.

Besonders schlimm werde es Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern treffen, die nicht durch Sozialmaßnahmen wie Arbeitslosen- oder Krankenversicherung aufgefangen werden. Außerdem könnten diese Staaten Probleme damit haben, die großen Haushaltsdefizite und Schulden – mit denen ja grundsätzlich viele Länder zu kämpfen haben – auch zu bedienen, sodass es zu Schuldenerlässen kommen könnte – so die Autoren.

Generell werde es einen Konjunkturaufschwung erst dann geben können, wenn das Virus komplett besiegt ist und damit das Vertrauen wieder hergestellt ist.

Das alles führt neben einem Bevölkerungsrückgang, dem demografischen Wandel und einem verringerten Konsum wohl erst einmal zu einem niedrigeren Wirtschaftswachstum.

Außerdem befürchten viele Ökonomen eine unkontrollierte Inflation – wieder andere eine Deflation. Generell könnten wir auf eine „Japanisierung der Welt“ zusteuern, was die Autoren aber eher positiv darstellen.

Der US-Dollar könnte als Leitwährung ausgedient haben. Allerdings gebe es laut Schwab und Malleret noch keine wirkliche Alternative. Also weder der Euro noch der chinesische Renminbi kommen in Frage. Eine Alternative könnten globale digitale Währungen – wie beispielsweise China mit dem E-Yuan – werden.

Allerdings könnten wir auch auf eine grünere, gerechtere Zukunft zusteuern, die von einer Innovations- und Kreativitätswelle getrieben wird.

"Stakeholder-Kapitalismus"

Dazu solle laut Klaus Schwab und Thierry Malleret auch der der sog. „Stakeholder-Kapitalismus“ zusammen mit ESG-Maßnahmen (Umwelt-, Sozial- und Goverance-Maßnahmen) beitragen. Beim Stakeholder-Kapitalismus steht nicht die Gewinnmaximierung für die Eigentümer im Vordergrund, sondern die Maximierung des Gemeinwohls.

Dazu solle der Staat seinen Einfluss vergrößern und mehr in die Wirtschaft eingreifen, was allerdings zu einer höheren Besteuerung und zum Ende des Neoliberalismus führen könnte. Dazu gleich mehr beim zweiten Punkt: Gesellschaft.

2. Gesellschaft

Der gesellschaftliche Umbruch wird sich laut Klaus Schwab und Thierry Malleret vor allem durch zwei Punkte manifestieren. Dazu ein Zitat aus dem Buch:

„Zuerst einmal wird es in der Ära nach der Pandemie zu einer massiven Umverteilung des Reichtums kommen, von den Reichen zu den Armen und vom Kapital zur Arbeit. Zweitens wird Covid-19 wahrscheinlich den Tod des Neoliberalismus einläuten, einem Korpus von Ideen und Konzepten, der grob gesagt Wettbewerb über Solidarität stellt, schöpferische Zerstörung über staatliche Intervention und Wirtschaftswachstum über soziales Wohlergehen.“    

(Schwab & Malleret, 2020, S. 89)

Besonders hart betroffen sind wie auch schon bei der Wirtschaft vor allem ärmere Länder, da die Pandemie Probleme wie Armut, Korruption oder Ungleichheit noch weiter verschärfen könnte. Corona ist also nicht der „große Gleichmacher“ wie zum Beispiel der Tod, sondern Klaus Schwab und Thierry Malleret bezeichnen die Pandemie als „großen Ungleichmacher“.

Diese Ungleichheit könnte auch erst einmal zunehmen. Denn während viele Menschen im Home-Office arbeiten können und sich damit eher vor einer Infektion schützen können, gibt es aber auch viele Menschen, bei denen das nicht geht und sich damit eher infizieren können.

Dabei werden diese Berufsgruppen – wie zum Beispiel Krankenpfleger, Kassierer oder Reinigungskräfte verhältnismäßig gering bezahlt – obwohl sie einen großen Teil zur Gesellschaft und dem wirtschaftlichen Wohlstand beitragen.

Langfristig gesehen könnte diese Ungleichheit aber abnehmen, beispielsweise wenn die Bürger das nicht mehr akzeptieren wollen und damit der politische und soziale Druck steigt. Das könnte allerdings auch zu sozialen Unruhen und im Extremfall sogar zum politischen oder gesellschaftlichen Zusammenbruch führen.

Hohe Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit könnten diese Bewegung weiter befeuern – was auch zu einer Migrationswelle führen könnte.

Deshalb müsse die Macht der Regierung laut den Autoren gestärkt werden, sodass beispielsweise ein Sozialsystem geschaffen oder – wenn es schon existiert - gestärkt werden kann. Statt Gewinnorientierung sollten öffentliche Interessen in den Vordergrund rücken, womit wir wieder beim Stakeholder-Kapitalismus wären.

Durch vermehrte staatliche Regulierungen könnten beispielsweise auch Unternehmen zum Kampf gegen den Klimawandel gezwungen werden.

Generell sollten die Arbeitnehmer besser geschützt werden und jeder sollte einen universellen Zugang zur Grundversorgung erhalten. In diesem Zuge soll auch ein Gesundheitssystem entstehen, das nicht auf Gewinne ausgerichtet ist.

Allerdings könnte die Pandemie uns gesellschaftlich weiter auseinandertreiben und unsere psychische Gesundheit nachhaltig schädigen. Das könnte zu einer steigenden Selbstmordrate, mehr Depressionen, Suchterkrankungen und Psychosen führen – um jetzt nur mal einige Faktoren zu nennen.

Unsere Prioritäten könnten sich also verschieben und das merkt man auch beim nächsten Punkt: der Geopolitik.

3. Geopolitischer Umbruch

Geopolitisch gesehen könnte die Corona-Pandemie zu mehr Nationalismus führen und die Globalisierung zurückdrängen, sodass Regionalisierung und stärkerer Protektionismus entsteht.

Der Machtkampf zwischen China und den USA könnte sich immer weiter ausweiten, Quelle globaler Unruhen werden und sogar einen Krieg auslösen.

Von massiven Unruhen könnten besonders Staaten heimgesucht werden, die sehr abhängig von Ölexporten und vom Tourismus sind. Das könnte bspw. die Hungersnot auf der Welt verschärfen und zum Aufstieg bewaffneter Gruppierungen führen.

Um dagegen zu steuern, brauche es eine globale Ordnungspolitik, um beispielsweise bei Themen wie dem Klimawandel oder auch der Pandemie gemeinsam vorgehen zu können – so Schwab und Malleret. Das führt uns schon zum nächsten Punkt.

4. Ökologischer Umbruch

Durch die Corona-Pandemie ist der Klimawandel eher in den Hintergrund gerückt. Allerdings ist eine nachhaltige Umweltstrategie laut den Autoren unabdingbar. Denn dadurch, dass der Mensch die Biodiversität zerstört und immer weiter in den Lebensraum von Tieren eindringt, könnte unsere Welt anfälliger für Epidemien werden.

Konkret fordern sie die Art und Weise wie wir Energie erzeugen zu ändern, genau wie unsere Konsumgewohnheiten. Allerdings sehen sie da vor allem die Politik und die Unternehmensführer in der Verantwortung.

5. Technologischer Umbruch

Durch vermehrte Automatisierungen und Innovationen könnten immer mehr Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Allerdings werden auch komplett neue Arbeitsplätze entstehen.

Laut den Autoren sei das Contact Tracing, also sprich das Nachverfolgen von Kontaktpersonen, ein Schlüsselelement in der Bekämpfung der Pandemie. Ihrer Ansicht nach brauchen wir dafür ein „globales Überwachungsnetz“ (Schwab & Malleret, 2020, S. 37). Allerdings stellt sich in diesem Zug natürlich auch die Frage des Datenschutzes und der Cybersicherheit.

Diese verstärkte Überwachung wird durch Gesundheits- und Sicherheitsaspekte gerechtfertigt werden. Allerdings könnten wir damit auch in eine Dystopie abrutschen.

Denn in der Zukunft könnte es insgesamt zu einem „Überwachungskapitalisums“ kommen, in dem die Menschen als Datenquelle neu erfunden werden könnte, um beispielsweise Verhaltensvorhersagen machen zu können. Diesen Begriff hat die Harvard-Professorin Shoshana Zuboff geprägt. Hier geht es zur Buchvorstellung zum Thema Überwachungskapitalismus.

Unternehmen könnten auch auf die Idee kommen, ihre Mitarbeiter verstärkt zu überwachen, um auch den genauen Gesundheitszustand nachverfolgen zu können.

Wir müssen die Vorteile der Technologien (bspw. in der Telemedizin) kontrollieren, ohne dabei unsere Werte und Freiheiten aufzugeben – so der eindrückliche Appell der Autoren. Und: Der große Umbruch müsse jetzt angegangen werden, um eine bessere Welt zu erschaffen.

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